Weniger Nostalgie – offener für Visionen für die Kultur in Bonn!
Der GA berichtet am 1.12. über die Diskussion mit dem „Verein Bürger. Bad Godesberg“ zur Zukunft der Stadthalle mit der Schlagzeile: „Pächter empfiehlt den Abriss“. Die Beiträge des Podiums sind eher nostalgisch. Der Denkmalpfleger bezeichnet die Stadthalle als „luftig leichte Erlebnislandschaft“. Die 7 Vertreter der Parteien sind mehrheitlich gegen etwas Neues. Schade! Als 2005/6 die Schließung der Kammerspiele drohte, war ich bei der erfolgreichen Unterschriftenaktion dabei, auch bei der Gründung der „Freunde der Kammerspiele“ und 10 Jahre lang im Vorstand Schatzmeister. Seit 2007 bin ich „Sachkundiger Bürger“ im Kulturausschuss der Stadt Bonn. Seit mehr als einem Jahr wird die Instandsetzung (nicht Sanierung!) von Oper, Kammerspiele und Halle Beuel beraten. Die Schätzung der von der Stadt beauftragten „Theapro“ belaufen sich auf bis zu 150 Mio. € – je nach Ausführung im laufenden Betrieb über 8-10 Jahre oder zeitweilige Ersatzspielstätten. Angesichts der hohen Kosten hat der Stadtrat am 9.11.2017 mit den Stimmen der CDU, der FDP und der SPD ergänzend einen Prüfauftrag erteilt, bis Ende Juni 2018 Handlungsalternativen vorzulegen:
- Neubau Oper am jetzigen Standort, Beibehaltung der Kammerspiele
- Neubau als Mehrspartenhaus, unter Aufgabe der Kammerspiele, für die ein attraktives Nachnutzungskonzept zu entwickeln ist,
- Neubau Mehrspartenhaus, z.B. am Standort der Stadthalle Bad Godesberg.
Ein Neubau von Oper und Kammerspiele in einem Mehrspartenhaus anstelle der Stadthalle inBad Godesberg hätte große Vorteile: Finanziell, wirtschaftlich und kulturell:
- ein Neubau wäre eine Investition, die das Vermögen der Stadt vermehrt, dadurch wäre eine Finanzierung leichter. Eine Instandsetzung, die im Prinzip alle 20 Jahre erfolgen sollte, wäre nur konsumtiv und ersetzt nur Bestehendes.
- Bei der Stadthalle läuft der Pachtvertrag zum 30.6.2020 aus. Die Kosten einer Instandsetzung, die auf mindestens 25 Mio. € geschätzt wird, könnten gespart werden.
- Auch bei einer Instandsetzung der Stadthalle würden für mindestens 3 Jahre die bisherigen Säle nicht zur Verfügung stehen – doch es gibt in Bad Godesberg großartige Gebäude für Veranstaltungen, wie die Redoute, den Rittersaal der Godesburg, die „kleine Beethovenhalle“ in Muffendorf oder das „Haus an der Redoute“; diese Räume sind zum Teil wenig ausgelastet und önnten deshalb besser genutzt werden.
- Doch sollten beim Bau eines Mehrspartenhaus auch Räumlichkeiten für Veranstaltungen von Vereinen zur Verfügung stehen: Ein solches „Haus der Begegnung“ könnte klassische Kultur mit Vereinen, auch der Brauchtumspflege, verbinden. Auch sollten im Sinne des Denkmalschutzes zumindest Teile erhalten bleiben, wie der wiederbelebte Trinkpavillon, wo am 30.11 die Diskussion über die Stadthalle stattfand.
Die Verbindung von Oper und Schauspiel brächte erhebliche Synergieeffekte, vor allem personell und logistisch sowie eine dauerhafte Auslastung, etwas, was bis 1984 in Bonn bestand, nämlich Oper und Schauspiel in einem Gebäude am Böselagerhof. Eine Verringerung von Sitzplätzen entspräche im Übrigen der stetigen Verringerung von Abonnenten bei Oper und Schauspiel sowie der demographischen Entwicklung in Deutschland. Eine herausragende Architektur des Neubaus, mit einer Dachterrasse mit Blick auf die Godesburg und den Drachenfels wäre eine Attraktion für ganz Bonn und darüber hinaus. Der Neubau wäre bestens zu erreichen – Stadtbahn, Bundesbahn und großer Parkplatz! Was wird aus den Kammerspielen? Sie werden als zentrales kulturelles Gebäude in Herzen von Bad Godesberg zurzeit zu wenig genutzt – 3- bis 4-mal abends- und gegen 22 Uhr gehen die Lichter aus. Denkbar wäre ein Umbau in eine „kleine Stadthalle“. Das sollte im „Leitbildprozess“ berücksichtigt werden. Was wird aus der Oper? Neue stadtplanerische Perspektiven mit Öffnung zum Rhein! Geboten wäre jedenfalls eine kulturelle Nutzung, etwa ein Beethoven- Campus. Die Vision: Am 1.Juli 2020 beginnen die Bagger, die Stadthalle abzureißen. Der Neubau gewinnt Gestalt und wird Mitte 2023 fertig. Bis dahin sind Kammerspiele und Oper spielfähig zu halten. Das erfordert in kurzer Zeit eine belastbare Kosten-Nutzenkalkulation als Basis, mutige Entscheidungen der Stadtpolitik und die tatkräftige Unterstützung durch die kulturaffinen Bürger! Was immer auch entschieden wird: Das Schauspiel muss in Bad Godesberg bleiben! gez. Ludger Buerstedde (auch als Leserbrief an GA geschickt)