Bramkamp

 

Kulissengespräch mit Nicola Bramkamp

Ist Theater nur für sich selbst da wo der Regisseur  seinen Gemütszustand ausloten kann, oder ist Theater dafür da die soziale Wirklichkeit abzubilden?

Unbedingt letzteres!

 

Haben Sie eine Vision vom Theater der Zukunft unter dem Aspekt, dass ein Theater der Zukunft vermutlich ohne  staatliche Subventionen auskommen muss?

Diese Zukunft kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Die UNESCO will die deutsche Orchester- und Theaterlandschaft zum Weltkulturerbe erklären. Wir haben eine einmalige, und auf der Welt beneidete Theaterlandschaft, die es immer staatlich zu schützen gilt. Trotzdem habe ich ja – neben Germanistik und Theaterwissenschaft – auch BWL studiert und habe für das Schauspiel extrem viele Drittmittel akquiriert. Projekte wie SAVE THE WORLD sind von Bund, Ländern, Stiftungen gefördert worden, wir haben mit attraktiven Unternehmen / Institutionen wie der Telekom, dem DIE sowie der UN zusammengearbeitet. Ich glaube sehr daran, dass man als moderne Theaterleiterin durch Fundraising und Sponsoring die kleiner werdenden Töpfe aufstocken kann und sollte. Das öffnet ja auch die Perspektive.

 

Als Dramaturgin, Schauspieldirektorin, Ehefrau eines Schauspieler –  Theater ist Ihnen in allen Facetten vertraut. Was sagen Sie spontan zu Ihrer Tochter oder  Ihrem Sohn wenn Sie möglicherweise einmal mit der Tatsache konfrontiert würden, dass sich diese  für eine Theaterlaufbahn entscheiden möchten. Raten Sie ihnen zu, oder  raten Sie ihnen ab und warum?

Die Kinder sollen werden, was sie möchten. Allerdings kann ich aus der Innenperspektive mehr und konkreter von den Nachteilen (häufige Umzüge, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, große Konkurrenz) warnen. Aber auch vom Zauber dieser Welt schwärmen.

 

Voller Begeisterung und Schwung nahmen Sie vor 5 Jahren Ihre Position als Schauspieldirektorin am Theater Bonn ein. Mutige Inszenierungen, wie u.a. die Waffenschweine, Nathan, Bilder von uns und nicht zu Letzt, die für die Stadt Bonn spektakuläre Inszenierung Bonnopoly – neben Anerkennung und  Applaus schlug Ihnen auch Gegenwind entgegen. Welche  der gesamten  Inszenierungen während dieser Zeit  würden Sie rückblickend als die schwierigste und welche als die gelungenste Inszenierung bezeichnen, welche war die pekuniär erfolgreichste Inszenierung?

Die schwierigste Inszenierung war „Welt am Draht“ weil der Hausregisseur und künstlerischer Wegbegleiter Joerg Zboralski wenige Tage nach der Premiere starb. Es war für alle Beteiligten: Schauspieler, Team, Technik, sehr belastend, zu sehen, wie sich der vom Krebs schwer gezeichnete, großartige Mensch zu den Proben aufraffte und  Kraft aus dem Theater schöpfte. Die Endlichkeit von Leben und Theater ist mir nie so schmerzhaft bewusst geworden. Die wichtigste  Arbeit für mich war „Waffenschweine“, da ich sehr neugierig war, ob diese Art der Recherche und Dokumentararbeit in Bonn ankommt. Ich bin stolz darauf, Volker Lösch und sein Dokumentartheater nach Bonn gebracht zu haben und als Dramaturgin Themen für ihn gefunden zu haben, die in der Stadt für Diskussionen sorgen. Theater muss sich einmischen und die Demokratie schützen. Davon bin ich überzeugt. Ich bin erschreckt über die Richtigkeit unserer damalige Prognose, die AFD würde – geschützt durch die Hinterzimmer der rechten Burschenschaften – einen Durchmarsch starten.

 

Haben Sie eine Vorstellungen davon,  wo Sie sich in 10 Jahren künstlerisch wiederfinden möchten,  oder lassen Sie sich lieber  von den Möglichkeiten überraschen?

Als gläubiger Mensch schaue ich zuversichtlich in die Zukunft und weiß um die menschliche Entscheidungsillusion.

 

Welche Frage wollten Sie schon immer gerne beantworten…?

Wo gibt es das beste Zürcher Geschnetzelte in Bonn? Im Maternus in Bad Godesberg

 

Angela Biller im Gespräch mit Nicola Bramkamp Fotos  Thilo Beu, A. Biller